WAZ: Kirchenmoral als Bumerang – Kommentar von Stefan Schulte

Katholische Bischöfe stellen gern das Soziale über
die Marktwirtschaft. Sie geißeln gierige Manager, fordern
Mindestlöhne und sprechen Opelanern Mut zu, wenn es mal wieder um die
Arbeitsplätze geht. Und was machen die kirchlichen Arbeitgeber? Sie
zahlen lausige Löhne, fordern Überstunden als Akt christlicher
Nächstenliebe, und zuweilen setzen sie auch Mitarbeiter vor die Tür.
Der Konflikt zwischen Moral und Markt ist schwer erträglich, das
haben manch– Kirchenobere mittlerweile begriffen. Robert Zollitsch,
Vorsitzender der Bischofskonferenz, äußerte sich zuletzt erfrischend
selbstkritisch. Doch der neue Geist ist längst nicht auf der
Arbeitsebene angekommen. Die Urteilsbegründung liest sich zwischen
den Zeilen wie die Maßregelung eines uneinsichtigen Kindes. Die
moralischen Ansprüche der katholischen Klinik werden ihr als Bumerang
„um die Ohren gehauen“, wie es der Caritas-Präsident bereits
vorhergesehen hat. Vielen Katholiken ist das peinlich. Auch, dass es
erst eines Urteils bedurfte, um die sittenwidrige Bezahlung der
Minijobber zu beenden. Es wird Zeit für die Kirche, auf ihre
Schäflein zu hören.

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