Gute Konjunktur und Rekordbeschäftigung bescheren
der deutschen Wirtschaft zum Jahresauftakt eine robuste Zahlungsmoral
von Unternehmen und Verbrauchern. In der BDIU-Mitgliederumfrage
melden 90 Prozent der Inkassounternehmen, dass Rechnungen jetzt
genauso gut oder besser als vor sechs Monaten gezahlt werden – der
beste Wert seit Beginn der Umfragen vor 20 Jahren. Die
Unternehmensinsolvenzen sinken auf den niedrigsten Stand seit 20
Jahren. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. erwartet
bis Ende 2016 maximal 22.500 Firmenpleiten.
Trotzdem haben manche Branchen säumige Zahler – besonders der
Onlinehandel. Jeder zweite Rechtsdienstleister berichtet in der
Umfrage, dass Kunden von Onlineshops Rechnungen nicht wie vereinbart
begleichen. Vor einem Jahr monierten das nur 37 Prozent.
BDIU-Präsident Wolfgang Spitz: »Beim beliebten Kauf auf Rechnung
treten Händler in Vorleistung. Manchmal haben sie es mit unredlichen
Verbrauchern zu tun, die das für sich ausnutzen. Vor allem in
Konsumbranchen gibt es aktuell vermehrt Probleme beim
Zahlungsverhalten der Kunden.«
47 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass Kunden von
Energieversorgungsunternehmen säumig sind (Vorjahr: 36 Prozent).
Probleme gibt es auch im Handwerk (37 Prozent), bei Fitnessstudios
(35 Prozent) sowie in der Dienstleistungsbranche allgemein (34
Prozent).
»Das Hauptproblem für Gläubiger bleibt auch im neuen Jahr das
Thema Überschuldung«, erklärt Marion Kremer, Vizepräsidentin des
BDIU. 73 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass Privatkunden
deswegen nicht zahlen (Vorjahr: 78 Prozent), 39 Prozent nennen
Arbeitslosigkeit (56 Prozent). Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen
sinkt aber deutlich. Für 2015 geht der BDIU von etwa 80.000 Verfahren
aus (Vorjahr: 86.298). 2016 wird deren Zahl weiter auf
voraussichtlich 76.000 Verfahren fallen. Dennoch gibt es immer noch
einige Gefahren. So melden jetzt 57 Prozent der Inkassounternehmen,
dass Privatschuldner ihre Zahlungen mit Absicht verzögern – letztes
Jahr hatten das nur 48 Prozent berichtet. Kremer: »Offenbar werden
Verbraucher bei ihren Konsumausgaben risikofreudiger und zugleich
nachlässiger, was ihre Rechnungstreue angeht.« Ein weiteres
Alarmsignal: Mehr als jedes fünfte Inkassounternehmen geht davon aus,
dass sich die Zahlungsmoral im Laufe des Jahres 2016 verschlechtern
wird.
Betrugsproblem »Fake-Inkasso«
Immer häufiger wenden sich Betroffene an den BDIU, die von
sogenanntem Fake-Inkasso betroffen sind: Sie haben einen gefälschten
Inkassobrief oder eine E-Mail empfangen. »Sehr oft erhalten ältere
Mitbürger solche Anschreiben. Offenbar soll deren Arglosigkeit
ausgenutzt werden«, klagt BDIU-Chef Spitz. Bei jedem vierten
Inkassounternehmen haben sich laut der Umfrage schon einmal
Verbraucher deswegen gemeldet. Jedes achte Inkassounternehmen war in
den letzten zwölf Monaten zudem selbst von »Fake-Inkasso« betroffen.
Spitz: »Bei vielen dieser Betrüger führt die Spur nach Südosteuropa.
Wir brauchen dringend einen besseren Austausch der Behörden auch über
die Landesgrenzen hinweg – um die Verbraucher in Deutschland und die
seriösen Inkassounternehmen hierzulande vor solchen Betrugsversuchen
zu schützen.«
Zahlungsverhalten nach Alter
»Aktuell haben vor allem jüngere Verbraucher ein schlechteres
Zahlungsverhalten«, berichtet Marion Kremer. 70 Prozent der
Inkassounternehmen mahnen: Junge Schuldner eifern einem schlechten
Vorbild ihres Elternhauses nach. Kremer: »Das Herausbilden von
Finanzkompetenz muss ein unbedingter und fester Bestandteil des
Lehrplans an unseren Schulen und Ausbildungsstätten sein.«
Junge Schuldner zwischen 18 und 24 Jahren haben Verbindlichkeiten
bei Telekommunikationsunternehmen (90 Prozent der Inkassounternehmen
bestätigen das in der Umfrage), bei Onlinehändlern (83 Prozent) sowie
bei Fitnessstudios (59 Prozent). Bei Schuldnern zwischen 25 und 59
sind Banken und Finanzdienstleister die Gäubiger (81 Prozent),
Energieversorger (65 Prozent) und Telekommunikationsdienstleister (61
Prozent). Schuldner 60 plus stehen dagegen mehrheitlich bei Banken in
der Kreide (69 Prozent) sowie bei Vermietern (52 Prozent) und
Energieversorgen (52 Prozent). Auf Platz vier (47 Prozent) folgen
offene Rechnungen für Ausgaben rund um Gesundheitsbelange.
Zahlungsverhalten von Senioren:
Vorboten einer Altersarmut?
»Aktuell ist die Zahlungsmoral älterer Verbraucher noch
vorbildlich«, so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. Bezogen auf die
nächsten fünf Jahre sind die Inkassounternehmen aber sehr
pessimistisch. 72 Prozent erwarten, dass dann ältere Schuldner ihre
Rechnungen schlechter bezahlen werden als heute.
Spitz: »Unsere Gesellschaft wird immer älter. Für einige werden
die Renten wohl künftig nicht mehr ausreichen, sodass sie ihren
gewohnten Lebensstandard nicht mehr halten können, und es ist zu
befürchten, dass sich das auch auf das Zahlungsverhalten der über
60-Jährigen negativ auswirken wird. Hier warten für unsere
Gesellschaft neue Herausforderungen, die wir so in dieser Form noch
nicht gekannt haben.«
Alle Ergebnisse der Inkasso-Umfrage und ausführliche Analysen auf:
www.inkasso.de
Pressekontakt:
BDIU e.V., Pressesprecher Marco Weber, 030/2060736-40,
weber@inkasso.de