Das Höflichkeits-Recht bleibt unbestritten: Geschlechtergerechte Sprache – Empfehlungen des Arbeitskreises Umgangsformen International (AUI)

Auch wenn laut Urteil des Bundesgerichtshofs
Frauen kein einklagbares Recht darauf haben, auf Formularen in der
weiblichen Form genannt zu werden, bleibt davon ein anderes
unbenommen: Das Höflichkeits-Recht. Die Zahl derer, die das nach wie
vor anzweifeln oder die sich damit noch gar nicht beschäftigt haben,
wird sich vermutlich durch die Entscheidung des BGH kaum verringern.
Viele halten eine geschlechtergerechte Sprache immer noch für „total
übertrieben“, „schlecht lesbar“ oder für einen „völlig überflüssigen
Geschlechterkampf in Wort und Schrift“. Dabei geht es um ganz
anderes: Sprache ist bewusstseinsbildend, hat klar zu sein, und alle
sollten sich darin wiederfinden.

Zugegeben: Solche positiven Effekte entstehen nur dann, wenn diese
Art der Sprache mit Sinn und Verstand angewandt wird, Übertreibungen
sowie Fehler vermieden werden. Bestrebungen, in aus Frauen und
Männern zusammengesetzten Gruppen auf ausschließlich weibliche
Diktion zurückzugreifen, etwa in Grundordnungen, erfüllen dieses
Kriterium auf keinen Fall. Sie sind den Männern gegenüber unhöflich.
Mögliche Erklärungen für eine solche Entscheidung, etwa, dass
Schrägstrichversionen und Doppelungen lese-unfreundlich seien – was
unbestritten stimmt! -, sind fehl am Platz. Der Grund: Es gibt
vielfältige Möglichkeiten, einen Text ohne (innen), /-innen oder
ständige Wiederholungen so zu gestalten, dass er gut lesbar ist und
dennoch beiden Geschlechtern die Präsenz und damit die notwendige
Wertschätzung zuerkennt. Dazu hier einige Tipps:

Die 13 wichtigsten Tipps für einen Frauen wie Männern gegenüber
geschlechtergerechten Schreib- und Sprachstil

1. Beweisen Sie Frauen wie Männern Ihre Wertschätzung, indem Sie
beide Geschlechter sprachlich erscheinen lassen.

2. Vermeiden Sie Übertreibungen und Fehler. Wortschöpfungen wie
„Menschin“, „Kasperin“, „Mitgliederin“ oder „Kinderinnen“ sind
schlechtes Deutsch. Auch ist es völlig unnötig, englische Begriffe
wie „Teenager“ mit einem „in“ zu versehen.

3. Wählen Sie in schriftlichen Anreden stets die ausgeschriebenen
Doppelformen. Statt zum Beispiel: „Sehr geehrte/r Kunde/in“ – was
zusätzlich ein Duden-Fehler wäre – besser: „Sehr geehrte Kundin, sehr
geehrter Kunde“. Die Zweifach-Nennung ist auch bei mündlichen Anreden
die wertschätzendste Form, etwa: „Liebe Mitarbeiterinnen und liebe
Mitarbeiter.“ Zu viele Doppelungen bergen allerdings die Gefahr, dass
Texte ungern gehört oder gelesen werden. Negativ-Beispiel: „Alle
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können zur Firmenfeier Ihre
Freundinnen und Freunde mitbringen. Dann, bitte, unbedingt einer
unserer Abteilungsleiterinnen oder einem unserer Abteilungsleiter die
genaue Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorher mitteilen.“ Um
wie viel flüssiger liest sich diese Information so: „Alle
Betriebsangehörigen können zur Firmenfeier Gäste mitbringen. Dann,
bitte, unbedingt Ihrer Teamleitung die genaue Personenzahl vorher
mitteilen.“

4. Entscheiden Sie sich am besten überhaupt nur in Ausnahmefällen
für Schrägstrich- oder Klammerversionen, etwa bei Platzmangel in
Tabellen.

5. Verwenden Sie so oft es geht geschlechtsübergreifende Begriffe.
Beispiele: Angestellte, Team/Teammitglied,
Belegschaft/Belegschaftsmitglied, Beschäftigte, Betriebsangehörige,
Fachkraft statt „der/die Mitarbeiter“. Vorgesetzte, Führungskraft,
Führungspersonen statt „der Chef“ oder „Manager“.

6. Setzen Sie soweit möglich Verlaufsformen ein. Beispiele:
Studierende, Gastgebende, Interessierte, Mitarbeitende statt
Studenten, Gastgeber, Interessenten, Mitarbeiter.

7. Weichen Sie auf Wörter wie Mensch, Person, Individuum,
Gegenüber, Kind, Eltern, Gruppe, Bekannte, Verwandte, (Familien-)
Mitglied aus, um geschlechtergerecht zu formulieren.

8. Integrieren Sie weibliche Formen, indem Sie „die oder der“
nutzen. Besonders einfach ist das bei Personenbezeichnungen, die aus
Adjektiven und Partizipien abgeleitet sind, wie: die oder der
Betroffene, Kranke, andere, Schnellste, Jugendliche, Ältere, Jüngste,
Tüchtigste.

9. Greifen Sie dort, wo es ohne Sinnentstellung möglich ist, auf
Plural anstelle von Singular zurück. Beispiele: „Erwachsene sollten
wissen …“ statt „Der Erwachsene sollte …“ „Reisende sind gut
beraten, wenn …“ statt „Der Reisende ist gut …“ „Geschädigte
wenden sich, bitte, an ihre Versicherung mit …“ statt: „Der
Geschädigte wende sich …“

10. Nutzen Sie Relativsätze. Beispiele: „Alle, die an dem Seminar
teilnehmen, bekommen ein Zertifikat“ statt „Die Teilnehmer an diesem
Seminar bekommen …“ Auch das Wort „diejenigen“ eignet sich dafür
hervorragend: „Wir bitten diejenigen, die im Unternehmen für die
Weihnachtsfeier zuständig sind …“ statt „Wir bitten die
Mitarbeiter, die …“ Aus „Der Zuständige soll sich …“ kann
problemlos „Die Person, die zuständig ist, soll sich …“ werden.
Auch möglich: „Wer zuständig ist, soll sich …“ Wichtig dabei:
Lassen Sie in solchen „Wer-Konstruktionen“ nach dem Komma das Wort
„der“ heraus. Wer es ernst meint mit der geschlechtergerechten
Sprache, DER hätte nämlich mit dem „der“ das Rad wieder auf „rein
männlich“ zurückgedreht!

11. Entschließen Sie sich so oft es geht zu einer direkten
Sie-Ansprache. Statt: „Neukunden können einen Neukunden-Rabatt von 10
Euro von der ersten Bestellung abziehen“ besser: „Wenn Sie das erste
Mal bei uns einkaufen, können Sie einen Willkommens-Rabatt von 10
Euro von Ihrer Rechnung abziehen.“

12. Beziehen Sie sich auf konkrete Beispiele. Beschreiben Sie eine
bestimmte Situation und stellen vorher klar: Es handelt sich in
diesem geschilderten Fall um etwa eine Chefin und ihren Mitarbeiter,
um einen Verkäufer und einen Kunden oder um zwei Freundinnen. Dann
sind geschlechtsübergreifende Wörter nicht notwendig. Verdeutlichen
Sie in solchen Fällen die Beispielhaftigkeit, indem Sie darauf
hinweisende Wörter wie „zum Beispiel“, „etwa“, „wie“ oder
„beispielsweise“ verwenden.

13. Umgehen Sie sprachliche Fettnäpfchen wie „weibliche
Mitarbeiter“. Was, bitte, soll man sich darunter (oder etwa unter
einem „weiblichen“ Fahrer/Kunden/Chef) vorstellen? Sind das Männer,
die feminine Züge aufweisen, sich einer Geschlechtsumwandlung
unterzogen haben oder in Frauenkleidung daherkommen? Auch
Formulierungen wie: „Sie war der erste weibliche Minister“ sollten –
das steht sogar in einem Duden – vermieden werden. Ebenfalls unsinnig
sind Kombinationen wie „Frauen und ihre männlichen Kollegen sind
gleichermaßen …“, „Frauen sollen männlichen Bewerbern gegenüber
…“ Sinnvoll sind solche Zusätze nur dann, wenn ein
geschlechtsneutrales Wort folgt. Beispiele: „weiblicher Fan“,
„männliche Jugendliche“, „weibliche Person“, „männlicher Stargast“,
„weibliche Teenager“.

Pressekontakt:
Inge Wolff
Vorsitzende Arbeitskreis Umgangsformen International (AUI)
Präsidentin Bundesverband für AUI-Business-Knigge Training und
Coaching e. V. (BvKnigge)
Präsidentin Umgangsformen-Akademie Deutschlands e. V. (UAD)
Jenaer Straße 3
33647 Bielefeld
Telefon: 0175 7441118
Telefax: 0521 9594940
E-Mail: inge.wolff.umgangsformen@t-online.de

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