Es ist gut, dass Vassiliadis Klartext redet – von PETER TOUSSAINT

Ein Gewerkschaftschef folgt der Einladung zum Neujahrsempfang der
CDU und liest dort den Grünen und den Umweltverbänden die Leviten. Die Krittelei
am Kohlekonsens sei eine Einladung an militante Verbände, ihren Krawall und ihre
Gewalt als legitim zu betrachten. Michael Vassiliadis, Chef der IG-Bergbau, ist
kein schwarzer Hardliner. Der Sohn eines griechischen Gastarbeiters ist Mitglied
der SPD und einer, der immer schon über den Tellerrand der Tarifpolitik
hinausgeblickt hat: als Mitglied des Rates für nachhaltige Entwicklung der
Bundesregierung, in der Ethikkommission für sichere Energieversorgung und als
Leiter des Innovationsforums Energiewende.

Es ist gut, wenn so jemand Klartext redet. Es ist unerträglich, dass diejenigen,
die eben noch Barrikaden errichtet und Polizisten mit Kot beworfen haben, um ein
Stückchen Hambacher Forst zu retten, nun, wo der Wald gerettet ist, weiterziehen
wollen, um sich ein paar Kilometer weiter um ein neues, mit modernster
Filtertechnik ausgestattetes Kohlekraftwerk zu prügeln. Es gehört zum Wesen
eines Kompromisses, dass jeder zum Wohle des Ganzen von seiner Maximalforderung
abrückt. Es ist absurd, den Eindruck zu erwecken, die Welt versänke in der
Klimakatastrophe, nur weil Datteln 4 ans Netz geht.

Vassiliadis hat gemahnt, endlich nach vorne zu schauen. Da fühlt er sich auch
den Gewerkschaftsmitgliedern und allen Beschäftigten verpflichtet. Jeder weiß
inzwischen, dass es dringend Antworten auf die Herausforderungen des
Klimawandels braucht. Aber mit Recht erwarten die Arbeiter und die Angestellten
auch eine Antwort auf die Frage, womit sie morgen ihr Brot verdienen können.

Deutschland hat sich früh entschieden, aus der CO2-freien Atomenergie
auszusteigen. Jetzt gibt es einen Fahrplan zum Ausstieg aus der Kohle. Aber wie
soll die Industrie mit höheren Strompreisen klarkommen und trotzdem
international wettbewerbsfähig bleiben? Auch die Subventionen, die der Staat
dafür in Aussicht stellt, müssen ja von irgendjemandem verdient werden.

Die regenerativen Energien müssen ausgebaut werden. Deutschland kann sich einen
zeitintensiven St.-Florians-Streit um Standorte für Windräder und Stromtrassen
nicht leisten. Da können Grüne und Öko-Verbände Brücken bauen. Und die Politik
muss mitziehen. Es macht Hoffnung, dass RWE nun einen Runden Tisch zum Thema
anregt. Wer in Zukunft kein Geld mehr mit Kohle und Atomkraft verdienen kann,
muss sein grünes, klimafreundliches Herz entdecken.

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