
Ein Stück Loitz: Geschichten, Gerüchte, Gleichgültigkeit
Diese Gedankendusche richtet sich an alle, die meinen, mit Worten sei schon geholfen – und an jene, die spüren: Es ist nicht egal, wie wir über andere sprechen. Sie gilt für Loitz. Für die Marktstraße. Für unsere gemeinsame Verantwortung in einer Stadt, die sich nach Zukunft sehnt – und dafür die Gegenwart aushalten muss.
„Ich hab da Lösungen“ – aber wofür eigentlich?
Wenn ein Lokalpolitiker in die Kamera sagt, er habe „Lösungen“ für ein Problem – aber dieses Problem nie benennt, nie zeigt, nie belegt -, dann sollte man hellhörig werden.
Wenn er davon spricht, dass „Steine fliegen“, dass „Flüchtlinge bedrohen“, dass „sie sich nicht integrieren lassen“, aber weder Namen, Bilder, Protokolle noch klare Zusammenhänge liefert – dann sollte man nicht zustimmen, sondern fragen.
Wer Lösungen predigt, aber das Problem nur behauptet, verschiebt die Grenze:
» weg vom Faktischen
» hin zur Stimmung
Und die Stimmung ist kein Beweis.
Wo Fakten fehlen, wird Abgrenzung zur Maske
Bis heute – am 25. Juni 2025 – gibt es keine Bildbeweise, keine Videoaufnahmen, keine offizielle Feststellung, die die schwerwiegenden Vorwürfe gegen die Mietparteien der Marktstraße eindeutig stützen.
Nur die Aussagen zweier Familien – fünf Personen – stehen im Raum. Und doch wird der Eindruck erzeugt, als ginge von diesen Häusern eine diffuse Gefahr aus.
Warum?
Weil andere sich abwenden.
Die Beauftragte für Sinti und Roma verweist auf mangelnde Zuständigkeit – nachvollziehbar, denn die betroffenen Familien sind keine Sinti oder Roma im klassischen Sinn.
Der Migrationsbeauftragte wiederum duckt sich weg – womöglich, weil die Betroffenen keine Glaubensbrüder sind.
Denn: Es handelt sich um Krimtataren – nicht um Araber, keine Afghanen, keine „klassischen Flüchtlinge“, keine EU-Bürger. Ein Niemandsland der Zuständigkeiten.
Der Preis der Unschärfe
Wenn politische Vertreter öffentlich fordern, „die Stadt zu verlassen“, wenn sie unter dem Vorwand des „Integrationsversagens“ suggerieren, es gebe nur noch zwei Optionen – Belehrung oder Ausweisung -, dann verläuft eine gefährliche Linie mitten durch das Recht:
Von der Integrationspflicht zur Existenzberechtigung.
Was heute als „sachliche Problemlösung“ getarnt wird, ist in Wahrheit oft nur ein Umschlag für Ausgrenzung.
Wo Fakten fehlen, entstehen Halbwahrheiten.
Wo Fotos fehlen, reicht der Verdacht.
Wo Politik versagt, rückt Rhetorik nach.
Dummheit ist keine Meinung. Sie ist ein Verstärker.
Unwissenheit schützt nicht vor Verantwortung.
Wer keine Belege verlangt, wer unkritisch weiterträgt, was andere ohne Grundlage behaupten, wird Teil des Problems – und zum Verstärker seiner Folgen.
Denn Dummheit ist kein Mangel – sie ist ein Hebel.
Ein Hebel für:
» politische Aufmerksamkeit
» populistische Mobilisierung
» strukturelle Verdrängung
Selbstprüfung: Drei unbequeme Fragen
Würde ich auch so urteilen, wenn ich den Namen, das Gesicht und die Geschichte dieser Menschen kennen würde?
Oder ist es bequemer, in der Anonymität Schuld zu vermuten?
Habe ich wirklich hinterfragt, wer diese Menschen sind – oder habe ich nur das wiederholt, was andere behaupten?
Wen höre ich? Und wem höre ich zu?
Bin ich sicher, dass mein Urteil auf Wissen beruht – oder ist es bloß ein Echo fremder Interessen?
Was davon ist meine eigene Stimme?
Fazit: Eine Frage des Rückgrats
Wer Verantwortung übernehmen will, muss unterscheiden können – zwischen einer echten Gefahr und einem Vorurteil.
Zwischen einem nachgewiesenen Vorfall und einem nachgeplapperten Gerücht.
Zwischen einer Lösung – und einer Projektion.
Legen Sie die Nebelkerze beiseite.
Stellen Sie sich aufrecht hin – mit geradem Rücken.
Mit nüchternem Blick. Mit menschlichem Maß.
Und mit dem Mut zu sagen: „Ich weiß es nicht – aber ich will es wissen.“