Heinrich-Böll-Stiftung und VCD veröffentlichen Mobilitätsatlas: Lebenswerte Städte, gut vernetzte Regionen – die Mobilität von morgen braucht eine Verkehrswende heute

Mobilität für alle Menschen zu ermöglichen, ohne die Umwelt zu
zerstören, das ist in Zeiten der Klimakrise eine gesamtgesellschaftliche
Herausforderung. Damit die Verkehrswende gelingt, braucht es überzeugende
Konzepte, politischen Willen und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Der
Mobilitätsatlas befasst sich mit den zentralen Handlungsfeldern für die
Verkehrswende wie alternative Antriebe, Stärkung des ÖPNV und Vernetzung von
Verkehrsträgern. Der Mobilitätsatlas ist eine gemeinsame Publikation der
Heinrich-Böll-Stiftung und des ökologischen Verkehrsclub VCD. Er wurde heute in
Berlin präsentiert.

Dr. Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, erläuterte bei der
Vorstellung: „Ein Fünftel der Treibhausgasemissionen in Deutschland kommt aus
dem Verkehrssektor, davon 96 Prozent aus dem Straßenverkehr. Wir brauchen eine
Verkehrswende! Für besseren Klimaschutz benötigen wir einen Mix aus
klimafreundlichen Technologien und Infrastrukturen und geändertem
Nutzungsverhalten. Hierfür muss die Politik Anreize setzen. Moderne Städte
setzen schon heute auf ein intelligent vernetztes öffentliches Verkehrsangebot.
Damit die Menschen das gerne und mehr nutzen, muss die Kapazität erhöht und die
Qualität verbessert werden. Die klassischen Beförderer, Bus und Bahn, werden
nutzungsfreundlicher, wenn sie einfach kombinierbar sind mit Sharing- und
Pooling-Fahrzeugen – oder mit dem guten alten Fahrrad. Zur Wahrheit gehört aber
auch: Wir müssen den Autoverkehr reduzieren – mit klugem Ordnungsrecht und
klaren Preissignalen. Städte müssen lebenswert und nicht nur autogerecht sein.“

Autos nehmen unverhältnismäßig viel Fläche in den Städten ein. Das benachteiligt
andere Verkehrsformen und beeinträchtigt die Lebensqualität im öffentlichen
Raum. Wo heute Autos parken oder fahren, können Grünanlagen, Spielplätze und
Treffpunkte entstehen. Lebenswerte Städte benötigen öffentliche Räume, wo sich
Menschen begegnen und gerne aufhalten.

Kerstin Haarmann, die Bundesvorsitzende des VCD, ergänzte: „Wir müssen unsere
Straßen zurückerobern. Dass jeder ein eigenes, oft viel zu großes Auto besitzt,
das mehr als 23 Stunden am Tag rumsteht und wertvollen Raum blockiert, macht
ökologisch wie ökonomisch keinen Sinn. Wir brauchen mehr und sichere Rad- und
Fußwege, den Umstieg auf kleine Elektroautos, am besten im Sharing-Betrieb, und
einen starken ÖPNV. Multimodale Handy-Apps können einfach und übersichtlich
verschiedene Mobilitätsangebote für eine bestimmte Wegstrecke anzeigen, die
digital gebucht und abgerechnet werden. So sähe eine moderne, umweltschonende
und bezahlbare Mobilität für alle aus.“

In ländlichen Räumen ist die Situation weitaus schwieriger: Hier geht ohne Auto
oftmals nichts. Im kleinstädtischen oder dörflichen Raum ist die Zahl der
Autobesitzer höher als im Bundesdurchschnitt. Für bis zu 70 Prozent aller Wege
wird hier ein Kraftfahrzeug genutzt und damit deutlich häufiger als in
Großstädten.

Dr. Ellen Ueberschär betonte: „Gerade in ländlichen Räumen müssen die
Alternativen zum Auto gestärkt und zum Teil auch erst geschaffen werden. Wer
kein Auto benutzen möchte oder kann, braucht zur Grundversorgung bessere
Verbindungen mit Bus und Bahn sowie umweltfreundliche Mitfahrangebote. Ein
moderner, gut vernetzter und flexibler ÖPNV muss gerade in
infrastrukturschwachen Regionen gezielt politisch gefördert werden. Das ist eine
Mammutaufgabe, die Bund, Länder und Kommunen dringend angehen müssen.
Gleichzeitig müssen die Bedingungen für Elektromobilität verbessert werden.
Neben zielgerichteten Investitionen für den Ausbau öffentlich zugänglicher
Ladesäulen braucht es eine bessere politische Koordination.“

Kerstin Haarmann verwies darauf, dass die Folgekosten des Verkehrs für Mensch
und Umwelt in keiner Rechnung auftauchten, sondern von der Allgemeinheit
getragen werden: „Drei Viertel aller Bürger fühlen sich in ihrem Wohnumfeld von
Lärm belästigt. Lärm und Abgase können krank machen und führen zu tausenden von
vorzeitigen Todesfällen. Die Preise im Verkehr spiegeln nicht die ökologische
Wahrheit wider. Das Verursacherprinzip wird missachtet. Der geplante CO2-Preis
ist viel zu niedrig. Flug- und Straßenverkehr profitieren zudem von
klimaschädlichen Steuerprivilegien und Subventionen in Milliardenhöhe. Aber auch
wer bei Wind und Wetter nur Fahrrad fährt, muss für die Umweltschäden, die
andere verursachen, mitbezahlen. Das ist ungerecht.“

Die Heinrich-Böll-Stiftung und der ökologische Verkehrsclub VCD fordern von der
Politik deshalb, das Klimapaket nachzuschärfen und einen höheren CO2-Preis
anzusetzen, damit die Wende für die Mobilität von morgen heute schon beginnt.

Der Mobilitätsatlas der Heinrich-Böll-Stiftung und des VCD bietet fundiertes
Wissen über die Hintergründe und Auswirkungen des aktuellen Verkehrssystems. Er
richtet sich an ein breites Publikum, ist verständlich geschrieben und enthält
viele Infografiken, die auch einzeln heruntergeladen werden können. Mehr
Informationen auf www.boell.de/mobilitaetstatlas und
www.vcd.org/mobilitaetsatlas

Pressekontakt VCD:
Franziska Fischer, Franziska.Fischer@vcd.org, (030) 280 351 12
Pressekontakt Heinrich-Böll-Stiftung: Vera Lorenz,
Lorenz@boell.de,(030) 285 342 17

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