Pflegefall Gesundheitswesen – Ohne Reformen droht 2030 der Kollaps

PwC-Studie: 2030 fehlen mehr als 400.000
Vollzeitkräfte im Gesundheits- und Pflegewesen / Versorgungslücke
lässt sich durch attraktivere Arbeitsbedingungen deutlich verringern

Das deutsche Gesundheitssystem steuert auf einen Pflege- und
Versorgungsnotstand zu: Ohne eine entschlossene Kursänderung werden
im Jahr 2030 mindestens 400.000 Vollzeitkräfte fehlen, davon fast
330.000 in der Kranken- und Altenpflege, wie aus einer Studie der
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mit dem
WifOR-Institut hervor geht. Rund ein Viertel der notwendigen
Vollzeitstellen für Ärzte und etwa ein Drittel der Vollzeitstellen
für Pflegekräfte können dann nicht besetzt werden. Im schlimmsten
Fall müsste jeder Hausarzt 2030 anstelle von über 10.000 mehr als
15.000 Patientenkontakte im Jahr bewältigen. Ist heute noch jeder
Altenpfleger statistisch gesehen für sieben Pflegebedürftige da, muss
er 2030 seine Arbeitskraft auf zehn auf Hilfe Angewiesene aufteilen.

„Die drohende Versorgungslücke lässt sich weder durch die
Ausbildung zusätzlicher Fachkräfte noch durch die Zuwanderung von
Personal aus dem Ausland schließen. Um die Gesundheitsversorgung auf
dem bisherigen Niveau zu halten, müssen wir das vorhandene
Fachkräftepotenzial besser nutzen. Dies kann gelingen, wenn wir
Ärzten und Pflegekräften attraktivere und gesündere
Arbeitsbedingungen bieten und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf
und Privatleben ermöglichen“, so Michael Burkhart, Partner bei PwC
und Leiter des Bereichs Gesundheitswesen und Pharma.

Fachkräftelücke lässt sich schließen

Wie die Studie zeigt, ließe sich der Fachkräftemangel im
Gesundheitswesen allein durch eine bessere Ausschöpfung der
Arbeitskraft der vorhandenen Fachkräfte deutlich abmildern.
Erreichbar ist ein Szenario, in dem 2030 in etwa das heute bekannte
Versorgungsniveau gehalten werden kann und nur noch rund 168.000
Pflegekräfte und gut 51.000 Ärzte fehlen.

Dabei wird angenommen, dass die Vollzeit- und Teilnahmequoten über
alle Berufsgruppen hinweg um durchschnittlich zehn Prozent gesteigert
werden können. In der ambulanten Altenpflege beispielsweise müsste
der Anteil der Berufsaussteiger von 18 Prozent auf zehn Prozent
sinken und die Vollzeitquote von 69 Prozent auf rund 76 Prozent
steigen. Hinzu kommt eine Verlängerung der tatsächlichen
Jahresarbeitszeit im Pflegewesen um 20 Prozent.

Bessere Arbeit, länger im Beruf

Damit Ärzte und Pflegekräfte länger berufstätig sein können,
müssen sich die Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen
ändern. Eine höhere Teilnahmequote setzt voraus, dass die
Beschäftigten ihren Beruf auch jenseits von 50 Jahren noch ausüben
können. „Insbesondere in der Pflege muss die Arbeit durch den
konsequenten Einsatz technischer Hilfsmittel leichter werden. Eine
regelmäßige Jobrotation und psychologische Betreuung können die
Belastung abmildern“, sagt Michael Burkhart.

Auch in den ärztlichen Berufen ist der vorzeitige Ausstieg der –
mit hohem finanziellen Aufwand – ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte
ein Problem. „Viele Ärzte leiden unter dem wachsenden bürokratischen
Aufwand, der immer weniger Zeit für die Patientenversorgung lässt. In
der Klinik kommen oft starre Hierarchien hinzu, die gerade jüngere
Mediziner zur Abwanderung in nicht-ärztliche Berufe bewegen“,
kommentiert Michael Burkhart.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Eine besondere Herausforderung, auf die bislang nur unzureichend
reagiert wurde, ist die so genannte Feminisierung des
Gesundheitswesens. In der Pflege sind 86 Prozent der Fachkräfte
weiblich, in der ärztlichen Versorgung über 40 Prozent – mit
steigender Tendenz.

Da Frauen nach wie vor den größeren Teil der familiären
Verpflichtungen übernehmen, kann die angestrebte Anhebung von
Teilnahme- und Vollzeitquoten nur gelingen, wenn sich Beruf und
Familie in den Gesundheitsberufen künftig besser vereinbaren lassen
als heute. „Die Kinderbetreuung muss flächendeckend gewährleistet
sein, auch nachts und während des Wochenenddienstes“, sagt Burkhart.

Effizienzreserven nutzen

Zwar bliebe auch unter den genannten Voraussetzungen eine
signifikante Fachkräftelücke, diese ließe sich aber durch ergänzende
Maßnahmen weiter schließen: Nicht nur Ärzte, sondern auch
Pflegekräfte sollten so weit wie möglich von bürokratischen Aufgaben
entbunden werden, um mehr Zeit für die Patientenversorgung zu
schaffen. „Wird die Erfassung und Abrechnung von Leistungen von
Experten übernommen, könnte die Arbeitszufriedenheit von
Pflegekräften deutlich gesteigert werden“, sagt Burkhart.

Darüber hinaus müssen weitere Effizienzreserven im
Gesundheitssystem gehoben werden. In der ärztlichen Versorgung müssen
Doppelstrukturen und regional bestehende Überangebote abgebaut und
die Verwaltung vereinfacht werden. Überfällig ist die Einführung der
elektronischen Patientenakte, die Befunde leichter zugänglich und
aufwändige Mehrfachuntersuchungen überflüssig macht.

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