Roland Berger-Studie: Eisenbahnbranche sollte Wartung und Instandhaltung weiter digitalisieren – 20 Prozent Kosteneinsparungen möglich

– Wettbewerbsrelevanter Kostenfaktor Wartung und Instandhaltung:
europäische Betreiber geben jedes Jahr 16 Milliarden Euro dafür aus
– Digitalisierung ermöglicht optimierte Prozesse und verkürzt
Ausfall- und Stillstandzeiten
– 20 Prozent Einsparung bei Wartungs- und Instandhaltungskosten
möglich

Wartung und Instandhaltung gehören zu den größten Kostenpunkten
bei Eisenbahnunternehmen, egal ob Personen- oder Güterverkehr,
staatlich oder privat betrieben. Seit den Eisenbahnreformen der
1990er Jahre haben europäische Betreiber in diesem Bereich viel
verbessert, mit dem Ergebnis, dass sich heute 44 Prozent von ihnen
selbst als „gut aufgestellt“ und 9 Prozent als „best-in-class“
einstufen. Beim Thema Verfügbarkeit des rollenden Materials sehen
sich sogar 20 Prozent in der Spitzengruppe.

Doch diese Selbsteinschätzung ist zu optimistisch, so die aktuelle
Analyse von Roland Berger „On the digital track – Leveraging
digitization in rolling stock maintenance“. Denn die zunehmende
Liberalisierung der Eisenbahnmärkte auf der einen und der
unaufhaltsame Trend zur Digitalisierung auf der anderen Seite zwingen
Eisenbahnbetreiber dazu, sich weiter zu verbessern, wenn sie
wettbewerbsfähig bleiben wollen. Vor allem weitere Kostensenkungen
sind erforderlich.

„In den vergangenen 70 Jahren hat der Schienenverkehr gegenüber
dem Straßenverkehr kontinuierlich Marktanteile verloren“, erklärt
Andreas Schwilling, Partner von Roland Berger. „Und mit zukünftig
autonom fahrenden Pkw und Lkw sowie einer stärkeren Vernetzung von
Verkehrsmitteln sind die nächsten Herausforderungen für die
Bahnbranche bereits absehbar. Deshalb sollten die Betreiber ihre
Produkte und Services verbessern und gleichzeitig ihre Betriebskosten
senken, unter anderem für Wartung und Instandhaltung.“

Das sehen auch die meisten der von Roland Berger befragten
Bahnmanager so: 74 Prozent betrachten die operative Effizienz
einschließlich der Verbesserung von Flexibilität und Qualität als
oberste Priorität. Und knapp die Hälfte (46%) sieht das Thema
Digitalisierung weit oben auf der Agenda.

Digitalisierung spart 20 Prozent der Instandhaltungskosten

Für Bahnexperte Schwilling sind die beiden Themen eng verknüpft:
„Die Digitalisierung ist ein guter Ansatz, um die Effizienz zu
steigern: Damit können Bahnbetreiber allein bei der Instandhaltung
rund 20 Prozent der Kosten sparen. Denn damit lassen sich längere,
flexiblere Intervalle und kürzere Ausfallzeiten erzielen.
Entscheidend ist allerdings, dass die Digitalisierung richtig
verstanden und umgesetzt wird.“

Am weitesten sind bei diesem Thema die klassischen Bahnen.
Digitale Lösungen optimieren die Instandhaltungsplanung und das
Management des rollenden Materials. Dadurch steigen ihre
Verfügbarkeit und Produktivität; Bahnbetreiber müssen so weniger
Fahrzeuge anschaffen und bereithalten. Die Kosten amortisieren sich
somit sehr schnell. Doch Andreas Schwilling sieht noch Nachholbedarf:
„Software, Sensoren und andere digitale Werkzeuge sind nur die eine
Seite. Den Unternehmen fehlt oft die nötige Expertise, um die
vorhandenen Daten auszuwerten und innovative Lösungen auch so
einzusetzen, dass ihre positiven Effekte optimal genutzt werden.“

Bei Frachtbahnen ist das Interesse an digitalen Lösungen ebenfalls
hoch – vor allem für die Einsatz- und Kapazitätsplanung und die
Analyse des Fahrverhaltens. Ganz anders sieht es bei städtischen
Verkehrsbetrieben aus, die bisher kaum digitale Daten und Lösungen
nutzen. Ihre Software ist häufig veraltet und reicht gerade mal, um
Basisfunktionen zu erfüllen. Damit lassen sich weder
Instandsetzungszyklen für Komponenten optimieren, noch
Stillstandzeiten verringern.

Neue Denkweise erforderlich

Um das Potenzial der Digitalisierung in der Bahnindustrie voll zu
nutzen, ist eine neue Denkweise notwendig. Die Roland Berger-Experten
haben daher sechs Handlungsempfehlungen entwickelt, mit denen
Eisenbahnhersteller und -betreiber Wartung und Instandhaltung ihres
rollenden Materials besser digitalisieren können.

1. Datensharing

Je größer der Datenpool, desto besser die Ergebnisse der
Datenanalyse, zum Beispiel zu technischen Fehlern, Abnutzung oder
Verschleiß. Bahnbetreiber sollten noch stärker das Modell der
„Coopetition“ praktizieren: Zusammenarbeit (Cooperation) bei Wartung
und Instandhaltung, Wettbewerb (Competition) bei Betrieb, Verkauf und
Marketing ihrer Angebote.

2. Investitionen in Sensoren

Es gibt bereits eine Vielzahl an Daten für Eisenbahnfahrzeuge. Wo
noch Informationen fehlen, empfiehlt sich der Einbau zusätzlicher
Sensoren, idealerweise während einer umfangreichen Wartungsmaßnahme
oder einer Modernisierung.

3. Blick auf das große Ganze

Unternehmen sollten ihre digitalen Bemühungen auf die gesamte
Wertschöpfungskette ausdehnen: von der Überwachung des Materials über
die Wartungsplanung bis hin zur operativen Tätigkeit im Betriebswerk.
Nur durch einen ganzheitlichen Blick auf die Lebenszykluskosten von
Waggons, Lokomotiven und anderen Betriebsmitteln lässt sich der
Prozess ganzheitlich optimieren.

4. Experten hinzuziehen

Externe Experten, wie Spezialisten für Datenanalyse oder digitale
Startups, bringen innovatives, digitales Know-how mit.
Eisenbahningenieure lernen so, neue Methoden zum Ressourcenmanagement
und Wartungsroutinen zu entwickeln, ohne dabei
Sicherheitsbestimmungen außer Acht zu lassen.

5. Anwendung innovativer Methoden

Crowd-Plattformen, Hackathons (Soft- und
Hardwareentwicklungsveranstaltungen) und Design-Thinking (Workshops
von Menschen unterschiedlicher Disziplinen) sind neue Methoden, um
die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben.

6. Verbesserung operativer Exzellenz

Parallel zur Digitalisierung sollten aber Bahnbetreiber auch die
klassische Optimierung weiterführen: vom Einkauf und Beschaffung über
die Produktion bis hin zur kontinuierlichen Verbesserung in Depots
und Werkstätten.

„Mithilfe dieser Maßnahmen können Bahnbetreiber und -hersteller
ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern“, fasst Andreas Schwilling
zusammen. „Und die – in der Regel staatlichen – Aufgabenträger und
Besteller für Transportdienstleistungen können die entsprechende
Vorgaben festlegen und so den Takt für die Digitalisierung vorgeben“.

Die Studie können Sie kostenlos herunterladen unter:
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