Stuttgarter Zeitung: Verdi-Chef Bsirske: „12 Euro Mindestlohn sind gesetzt“ – Anhebung in zwei Stufen vorgeschlagen

Verdi-Chef Frank Bsirske setzt sich mit
Nachdruck für deutlichen Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns ein.
„12 Euro pro Stunde sind gesetzt – ich finde, das ist eine
Orientierungsgröße, die es lohnt, ernst genommen zu werden“, sagte er
im Interview der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter
Nachrichten“ (Donnerstagausgabe). Es sei sinnvoll, zum gesetzlichen
Mindestlohnniveau bei den westeuropäischen Nachbarn aufzuschließen.
Zudem sollte der Mindestlohn eine Höhe erreichen, die es möglich
macht, aus eigener Beitragszahlung heraus auf ein Rentenniveau
oberhalb der Grundsicherung zu kommen. „Dafür wären 12,63 Euro
notwendig“, fügte Bsirske an.

Konkret könne er sich die Anhebung „in zwei dicht aufeinander
folgenden Stufen denken, damit das einen ordentlichen Schub kriegt,
um dann wieder zurückzukehren zu einem Mechanismus, bei dem sich der
gesetzliche Mindestlohn an der Tariflohnentwicklung orientiert – am
besten am Verlauf des Vorjahres“. Dies wäre keine grundsätzliche
Abkehr von der bisherigen Logik, wehrte sich der
Gewerkschaftsvorsitzende gegen den Vorwurf, damit die
Mindestlohn-Kommission und die Tarifautonomie auszuhebeln. Aktuell
muss ein Lohn von mindestens 9,19 Euro pro Stunde gezahlt werden.

Bei 12 Euro würden im Organisationsbereich von Verdi rund 20
Prozent der Tariflöhne betroffen sein, schätzt Bsirske. Wie zur
Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze im Januar 2015 würde die
Gewerkschaft die Anhebung dazu nutzen, um die Tariflöhne oberhalb des
neuen Niveaus anzusetzen. Dies werde in den Tarifverhandlungen „von
der Arbeitgeberseite als Datum akzeptiert“.

Die Ablehnung eines europäischen Mindestlohns durch CDU-Chefin
Annegret Kramp-Karrenbauer kritisiert der Verdi-Chef: „Bei der Union
wird versucht, sich stärker ausgerichtet auf die Unternehmens- und
Kapitalinteressen zu präsentieren.“ Das zeige sich ebenso im
Vorschlag, den Solidaritätszuschlag auch für die reichsten zehn
Prozent der Einkommensbezieher abzuschaffen und weitere Absenkungen
der Unternehmenssteuern vorzunehmen. All dies sei „in der Sache
kontraproduktiv“. Ein Verzicht auf elf Milliarden Euro aus dem Soli
„kontrastiert heftig mit den massiven Investitionsbedarfen in unserer
Gesellschaft“.

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