SWR / Student, der wegen mutmaßlich geplantem Anschlag mit Modellflugzeug beschuldigt wurde, ist abgeschoben worden

Ein tunesischer Student, der im Zusammenhang mit
einem mutmaßlich geplanten Anschlag mit einem Modellflugzeug ins
Visier der Ermittler geraten war, wurde vergangene Nacht abgeschoben.
2013 hatte die Bundesanwaltschaft Karlsruhe gegen ihn und andere
Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik ermittelt. Der Vorwurf:
„Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Die
Studenten wurden verdächtigt, Modellflugzeuge für Terroranschläge zu
bauen. Das Verfahren gegen den jetzt abgeschobenen Khalil M. wurde
jedoch eingestellt. Keiner der Vorwürfe gegen ihn konnte im Verfahren
erhärtet werden.

Khalid M.s Familie und sein Anwalt erheben jetzt wegen der
Abschiebung schwere Vorwürfe. Demnach wurde M. kurz nach 6 Uhr
morgens vom Münchener Flughafen in einer eigens gecharterten Maschine
nach Tunesien verbracht. Sie berichten, ein Polizeikommando habe kurz
nach Mitternacht ein Berliner Hotelzimmer gestürmt, in dem sich
Khalil M. mit Frau und Kindern aufgehalten habe, um sich juristisch
beraten zu lassen. Laut Aussagen seiner Familie wurden mehrere Türen
gesprengt und der Student vor den Augen seiner Kinder in Unterwäsche
aus dem Zimmer gezerrt und sofort zum Münchener Flughafen gebracht,
wo eine gecharterte Maschine wartete.

Der Berliner Rechtsanwalt Eberhard Schultz, der M. vertritt
kritisiert die Ausländerbehörde. Er hatte kurzfristig einen Eilantrag
gegen die Abschiebung gestellt und habe die Ausländerbehörde davon
rechtzeitig unterrichtet, doch der Eilantrag sei von den Behörden in
München ignoriert worden. „Diese Abschiebung verstößt gegen
Menschenrechte, insbesondere dem Schutz vor Folter und anderer
unmenschlicher Behandlung. Die Behörde hätte auf eine Entscheidung
des Richters beim Verwaltungsgericht München warten müssen, die die
Abschiebung untersagt und das Ergebnis des Klageverfahrens abwartet.
So ist es ein Verstoß gegen das Recht auf ein rechtsstaatliches
Verfahren“, erklärte Anwalt Schultz gegenüber dem SWR. Laut seiner
deutschen Ehefrau, gibt es Informationen aus Tunesien, dass Khalil M.
Folter und lange Haft ohne Gerichtsverfahren drohten. Inzwischen hat
sein Anwalt einen Eilantrag gegen die Ausländerbehörde München auf
Rückführung gestellt.

Auch die damalige Strafverteidigerin von Khalil M., Ricarda Lang,
hält die Abschiebung für „völlig unangemessen“ – auch vor dem
Hintergrund, dass der Student gut in Deutschland integriert sei und
mit einer Deutschen verheiratet sei und zwei kleine Kinder habe.

Demgegenüber kommt das Polizeipräsidium München, die Khalid M. am
8.8.2017 befragt hatte, laut einem Aktenvermerk zu dem Ergebnis, dass
Khalil M. „einen gewissen Aufwand zu der Integration scheut“.
Begründet wird dies damit, dass Khalil M. „häufig im Zusammenhang mit
extremistischen Sachverhalten oder Personen in Erscheinung trat“,
obwohl ihm habe bewusst gewesen sein müssen, dass er damit in den
Fokus der Sicherheitsbehörden gerät.

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