Sozialpartnerschaft ist ein großes Wort, das selten
ausgefüllt wird. Die Durchsetzung der eigenen Interessen steht in
Tarifauseinandersetzungen für Gewerkschaften wie Arbeitgeber
legitimerweise im Vordergrund. Das war auch in der Chemieindustrie
nie anders, allerdings mit dem einen großen Unterschied: Beide
Partner verzichteten dabei auf gegenseitige öffentliche Schelte mit
all ihrer Klassenkampf-Symbolik. Dieses pflegliche Miteinander
brachte den IGBCE-Funktionären unter härter gesottenen Genossen den
zweifelhaften Ruf der weichgespülten Arbeitgeber-Versteher ein. Im
Vergleich der Abschlüsse hatte die konsensorientierte Gewerkschaft
gegenüber den streiklustigeren Kollegen jedoch meist die Nase vorn.
Und Wegweisendes wie der Demografiefonds wäre auf die harte Tour wohl
nie zustande gekommen. Warum also verlassen die vertrauten Partner
nun ihre Linie? Treiben einzelne Firmen den Arbeitgeberverband auf
Konfrontationskurs? Orientiert sich die IGBCE zu sehr an den Großen?
Bisher ist nichts auf dem Tisch, was keinen Chemie-üblichen
Kompromiss zuließe. Der Schaden, ihn diesmal nicht ohne die
überflüssig geglaubten Rituale hinzubekommen, ist aber bereits
entstanden.
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