Zwei Jahre EU-Türkei-Abkommen: Flüchtlinge auf den Ägäisinseln leiden weiter

Das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei ist fast
zwei Jahre in Kraft. Die Situation der Menschen, die auf den
griechischen Inseln festsitzen, bleibt katastrophal.

Es sollte das Geschäftsmodell der Schmuggler zerstören und
Flüchtlinge davon abhalten, die gefährliche Reise über die Ägäis
anzutreten: Das Abkommen zwischen der EU und der Türkei vom 18. März
2016. Zwei Jahre später sind diese Ziele noch lange nicht
verwirklicht. Obwohl die Zahl der Migranten, die die Inseln über das
Meer erreichen, zurückgegangen ist, gibt es täglich Neuankömmlinge –
über 3.000 allein in diesem Jahr. 2017 sind mehr als 3.000 Menschen
bei dem Versuch, auf dem Seeweg nach Europa zu kommen, gestorben oder
werden vermisst.

Rund 10.000 Migrant(inn)en sind immer noch gezwungen, meist
mehrere Monate unter menschenunwürdigen Bedingungen in überfüllten
Auffanglagern auszuharren. Sie sind Kälte und Regen ausgesetzt. Es
gibt nicht genügend Essen und Wasser. Die wenigen Duschen und
Toiletten sind oft völlig verdreckt und es tummeln sich Ratten,
Schlangen und anderes Ungeziefer in den Camps. Auch vor Übergriffen
können sich die Bewohner kaum schützen, vor allem sexuelle Gewalt
gegen Frauen ist erschreckend häufig. Dazu kommt die quälende
Ungewissheit, wie es weitergeht.

„Wenn die Leute in Griechenland ankommen, dann wissen sie nicht,
was mit ihnen passieren wird. Sie haben keine Informationen über ihre
Rechte oder die Bedingungen des Umsiedlungsprozesses. Unter den
Geflüchteten sind auch ältere Menschen, Minderjährige und Frauen, von
denen viele Gewalt erleben mussten. All das hat schwere Folgen für
die psychische Gesundheit“, beschreibt Ärzte der Welt-Operations
Director Anastasios Yfantis die Lage.

Nur ein Bruchteil der 160.000 Geflüchteten, die die Europäische
Gemeinschaft ursprünglich aus Griechenland und Italien umverteilen
wollte, sind tatsächlich in einen anderen Mitgliedsstaat umgesiedelt
worden. Und nur eine geringe Anzahl an Menschen wurden im Rahmen des
Flüchtlingsabkommens in die Türkei zurückgeschickt. Die Bearbeitung
der Asylanträge und die Umsiedlung auf das Festland geht in
Griechenland nur schleppend voran.

„Das Versäumnis zu handeln geht zu Lasten derer, die gezwungen
sind, auf den Inseln zu bleiben. Ärzte der Welt ruft erneut die EU
und ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, endlich Verantwortung zu
übernehmen“, sagt Yfantis.

Hintergrund zu den Aktivitäten von Ärzte der Welt in Griechenland:
2013 war Ärzte der Welt eine der ersten Organisationen, die im
damaligen Ankunfts- und Regierungszentrum Moria auf Lesbos im Einsatz
waren. Als Moria 2016 von einem Erstaufnahmezentrum in ein
geschlossenes Lager umgewandelt wurde, war Ärzte der Welt geblieben,
um Menschen zu behandeln und Menschenrechtsverletzungen zu bezeugen.
Im Juni 2017 übernahm das griechische Gesundheitsministerium die
Verantwortung für die medizinische Versorgung im Camp und Ärzte der
Welt musste gehen. Wir bieten aber nach wie vor sowohl auf Lesbos als
auch auf der Insel Chios medizinische und psychosoziale Unterstützung
an, vor allem für besonders hilfsbedürftige Flüchtlinge.

Pressekontakt:
Stephanie Kirchner
Referentin Öffentlichkeitsarbeit – Press Officer
Ärzte der Welt e.V. – Doctors of the World Germany
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