Insolvenzrecht ESUG: Stärkung der Gläubigerautonomie noch nicht erreicht

Fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten
bewertet die Mehrheit der Marktteilnehmer (93%) das Gesetz zur
weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) insgesamt
positiv. Trotzdem spalten sich die Meinungen darüber, ob alle damit
verbundenen Ziele erreicht wurden, so die neue „ESUG-Studie“ von der
Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung (HgGUR) und Roland Berger. Befragt
wurden rund 2.300 Manager sowie Sanierungs- und Insolvenzexperten.

„ESUG wird insgesamt gut angenommen und ist bei der Sanierung von
Unternehmen mittlerweile Normalität geworden“, sagt Christopher
Seagon, Partner von Wellensiek und geschäftsführender Gesellschafter
der HgGUR. „Deutschland als Sanierungsstandort hat ESUG stark voran
gebracht.“ So haben sich im Einführungsjahr 2012 nur 53 Prozent der
Befragten mit ESUG-relevanten Fällen befasst; 2017 waren es bereits
94 Prozent. Die Mehrheit der Befragten hat Erfahrungen mit einer
vorläufigen Eigenverwaltung (94%), mit vorläufigen
Gläubigerausschüssen (90%) oder mit Schutzschirmverfahren (88%)
gemacht. Mit Insolvenzprozessen, die auch Eingriffe in die
Gesellschafterstruktur ermöglichen – etwa durch Debt Equity Swaps –
haben dagegen bisher nur rund 44 Prozent der Befragten Erfahrung
gemacht.

Komplexität bei Sanierungs- und Insolvenzfällen hat sich weiter
erhöht

Bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ist einer der
wichtigsten Erfolgsfaktoren weiterhin die frühzeitige Einbindung und
Unterstützung durch insolvenz- und gerichtserfahrene Experten (94%).
Denn die größte Herausforderung bleibt, ein vollständiges
Sanierungskonzept vor Antragstellung fertig zu stellen (67%): „Die
gesetzlichen Anforderungen sind sehr hoch und je nach Gericht
variieren die geforderten Inhalte. Eine Antragstellung ohne
professionelle Vorarbeit ist nicht realisierbar“, sagt Michael Blatz,
Partner von Roland Berger und geschäftsführender Gesellschafter der
HgGUR.

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Verfahrenseröffnung sind nach Meinung der Befragten zudem eine
gesicherte Fortführung des Unternehmens und die vorherige,
detaillierte Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, dem
Sachwalter und dem Insolvenzgericht. „Ohne die volle Unterstützung
aller Stakeholder und umfassende Kompetenz des Sachwalters und des
Managements hilft das beste Sanierungskonzept nichts“, erklärt Roland
Berger-Partner Michael Blatz. Auch die Komplexität bleibt weiterhin
hoch. Neben der Einführung eines Sachwalters, kommt dem Management
eine immer größere Bedeutung zu. „Durch die gestiegene Anzahl der
Beteiligten und deren umfassenderes Mitspracherecht, können sich, vor
allem bei komplexen Fällen, die Abstimmungsprozesse und wichtige
Entscheidungen zur Fortführung eines Unternehmens verzögern“, erklärt
Christopher Seagon. „Ausschlaggebend ist daher eine klare
Kompetenzverteilung zwischen Management- und Insolvenzexpertise im
Geschäftsleitungsgremium.“

ESUG-Ziele bisher nur teilweise erreicht

Obwohl sich die Erwartungen der Sanierungsexperten an ESUG
größtenteils erfüllt haben, sind noch einige Punkte offen. Dazu
gehört zum Beispiel die Stärkung der Gläubigerrechte: Für 47 Prozent
der Befragten wurde dieses wichtige Ziel bisher nicht erfüllt. Rund
die Hälfte der Studienteilnehmer bemängelt außerdem, dass ein
Mentalitätswechsel noch nicht stattgefunden hat. „Deutschland braucht
eine neue Insolvenzkultur“, sagt Jörg Eschmann, Partner von Roland
Berger. „Sie hat sich mit dem ESUG zwar verbessert, dennoch wird das
Insolvenzverfahren immer noch nicht durchgängig gezielt als
Sanierungsstadium genutzt, trotz der positiven gesetzlichen Anreize.“

Bei aller Kritik ist aber die Mehrheit der Umfrageteilnehmer mit
ESUG zufrieden: Nur 17 Prozent sind der Meinung, dass das
außergerichtliche Insolvenzverfahren bald reformiert werden sollte.
Negativ aufgefasst wurde dagegen die Entscheidung des
Bundesfinanzhofs, den Erlass zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen
aufzuheben. Drei Viertel der Befragten sehen hierdurch eine
existenzielle Bedrohung für Unternehmen in Sanierungsfällen.

Die vollständige Studie können Sie herunterladen unter:
www.rolandberger.de/pressemitteilungen

Roland Berger

Roland Berger, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit
führenden Unternehmensberatungen mit deutscher Herkunft und
europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 34 Ländern ist
das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv.
Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen
Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine
unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 220
Partnern.

Die Heidelberger gemeinnützige Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung mbh

Die Heidelberger gemeinnützige Gesellschaft für
Unternehmensrestrukturierung mbh (HgGUR) hat sich, seit ihrer
Gründung 2006, erfolgreich als ein deutschlandweit anerkanntes
Expertennetzwerk und Förderer der Wissenschaft, Lehre und Praxis im
Bereich von Insolvenz, Sanierung und Unternehmensrestrukturierung,
etabliert. Die Gesellschaft wird im Wesentlichen von der
Unternehmensberatung Roland Berger und der auf Sanierungen
spezialisierten Sozietät Wellensiek getragen. Die HgGUR kooperiert
eng mit der Universität Heidelberg und unterstützt die Aktivitäten
der Universität auf den Gebieten der Unternehmensrestrukturierung.
Des Weiteren fördert die HgGUR Fortbildungs-, Ausbildungs- und
Weiterbildungsveranstaltungen, Fachpublikationen sowie den
Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen Wissenschaft, Praxis und
Rechtsprechung in den Bereichen Insolvenz, Sanierung und
Unternehmensrestrukturierung.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Claudia Russo
Roland Berger
Head of Marketing & Communications
Germany and Switzerland
Tel.: +49 89 9230-8190
E-Mail: claudia.russo@rolandberger.com
www.rolandberger.com

Original-Content von: Roland Berger, übermittelt durch news aktuell