Allg. Zeitung Mainz: Ausgeliefert / Kommentar zu Julian Assange

Man hatte ihn fast schon aus dem Gedächtnis
verloren. Aber jetzt, nach nur wenigen kryptischen Sätzen, wird er
wieder weltweit zum Thema: Julian Assange, die zum Untoten gewordene
ehemalige Galionsfigur von Wikileaks. Warum? Gegen Assange liegt ein
Haftbefehl vor. Aber nicht nur deshalb ist er umstrittener als etwa
ein Edward Snowden. Auch seine monomanische Persönlichkeit hat
verhindert, dass er sich während seines mittlerweile zweijährigen
Zwangsaufenthaltes in

Allg. Zeitung Mainz: Ganze Arbeit / zu NSU-Untersuchungsausschuss

Eine Redewendung sagt, parlamentarische
Untersuchungsausschüsse seien ein stumpfes Schwert. Doch die
Untersuchungen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" – kurz NSU –
haben gezeigt, dass dies nicht stimmt. So hatte bereits der Bundestag
im vergangenen Jahr seine Arbeit abgeschlossen, exzellente Arbeit,
wie es heißt. Bei der NSU-Mordserie, so das Ergebnis, habe es sich um
"historisch beispielloses Behördenversagen gehandelt". Ein Weckruf
für die Po

Allg. Zeitung Mainz: Zweierlei Maß? / Kommentar zur Bespitzelung von „Freunden“

Jetzt holt Deutschland die Bespitzelungs-Debatte
ein. Aus der Überwachung des Nato-Partners Türkei durch den
Bundesnachrichtendienst lässt sich allerdings kein Skandalon
stricken. Es gehört seit jeher zu den Aufgaben der
Auslandsaufklärung, nicht nur Feinde auszuspähen, sondern auch zu
überprüfen, ob sich Freunde und Partner tatsächlich wie Freunde und
Partner verhalten. Es gibt gute Gründe dafür, warum Deutschland auch
nach diesen En

Allg. Zeitung Mainz: Schwer auszuhalten / Kommentar zum Fall Mollath

Der Fall Mollath ist schockierend. Ein faustdicker
Skandal, den die Justiz da am Hals hat: Ein Bürger hat mehr als
sieben Jahre zu Unrecht in der Psychiatrie gesessen, heißt es im
Urteil des Landgerichts Regensburg. Eine schallende Ohrfeige für
alle, die daran mitwirkten, dass es so weit kam, in Sonderheit
Richter und Gutachter. Mollath bekommt dafür Geld als Entschädigung,
etwas anderes ist nicht möglich, aber wie sollte Geld sieben Jahre
Psychiatrie wieder

Allg. Zeitung Mainz: Verzweifelter Kampf / Kommentar zu Ebola

Es ist der Griff nach einem Strohhalm in meterhohen
Wellen. Aber es ist die derzeit einzige Hoffnung, also alternativlos.
Der Einsatz noch nicht zugelassener Wirkstoffe gegen Ebola zeigt in
erschreckender Weise einmal mehr die relative Hilflosigkeit gegenüber
vielen Krankheiten und lässt zugleich erahnen, dass die Zukunft noch
viel Schlimmes bringen könnte; dann nämlich, wenn Krankheitserreger
mutieren und resistent gegen Abwehrstoffe werden. Alternativlos ist
auch, dass

Allgemeine Zeitung Mainz: Zwischentief / Kommentar zu Boehringer Ingelheim

Das steckt kein Pharmaunternehmen einfach so weg:
Boehringer Ingelheim musste weit über hundert Millionen Euro
investieren, um die von der US-Gesundheitsbehörde FDA festgestellten
Produktionsmängel zu beseitigen, im US-Markt wird der
Pharma-Hersteller zu Preisnachlässen gezwungen, und dann hat
Boehringer auch noch rund eine Milliarde Euro durch die Rücknahme des
geplanten Blockbusters gegen Hepatitis C verloren. Auch wenn sich das
Unternehmen noch ziert, Klartext zu

Allg. Zeitung Mainz: Nie wieder Krieg / Kommentar zu Waffenlieferungen/Nordirak

Grundsätzlich keine Waffen in Kriegs- und
Kampfgebiete, das sei und bleibe das Prinzip der Bundesregierung,
sagt ihr Sprecher Seibert. Das ist zum einen verlogen, zum Zweiten
eine Maxime, mit der sich rein gar nichts mehr anfangen lässt, in der
Welt des 21. Jahrhunderts. Weitaus sinnvoller klingt da der Maßstab,
den der Bundesaußenminister Joschka Fischer, ein Grüner, einst
formulierte:"Wir haben immer gesagt: –Nie wieder Krieg!– Aber wir
haben auch immer

Allg. Zeitung Mainz: Neue Freunde? / Kommentar zu Snowden

Wäre man hämisch, könnte man fragen: Wie fühlt sich
Snowden denn so bei seinen neuen Freunden? Wie denkt er über die
Rolle Moskaus im Ukraine-Konflikt und über die Zaren-Arroganz des
Wladimir Putin? Snowden hat gravierende Rechtsbrüche der
amerikanischen Geheimdienste und damit letztlich der Regierung Obama
aufgedeckt. Und nun flüchtet er sich unter die Fittiche eines
Systems, dessen Rechtsbrüche in ihrer Mehrzahl nur deshalb nicht so
bekannt s

Allg. Zeitung Mainz: Der Zyniker / Kommentar zu Lieberman

Es könnte ein erster kleiner Hoffnungsschimmer sein,
dass es in absehbarer Zeit tatsächlich so etwas Ähnliches wie Frieden
im Nahen Osten geben wird: Israels Außenminister Avigdor Lieberman
will keine weitere Eskalation der Gewalt, vielmehr schlägt er in
einem Zeitungsinterview vor, die Europäische Union solle eine
wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe in Gaza abwenden. Punkt
eins. Punkt zwei: Die EU solle auch Inspektoren entsenden, um den
Handel de